Auf dem Weg nach Bethlehem
Die Menschen sind auf dem Weg. Von der
Geburt bis zum Lebensende. Bei Pflanzen
ist das anders. Pflanzen haben ihren festen
Standort. Sie sind nicht unterwegs.
Personen beschreiten ihren Lebensweg.
Sie sind beweglich. Beweglich bleiben, in
allen Bereichen, das ist sicherlich
begrüßenswert. Viele sind schnell
unterwegs. Schon vor einiger Zeit stellte
das Karl Valentin (1882-1948) fest: „Wir
wissen nicht wohin wir gehen, aber wir
sind immer schneller unterwegs.“ Es ist
Advent. Nimmt da das Lebenstempo nicht
noch mehr zu? Warum? Wo geht es hin?
Warum so schnell? „ Eile ist die
Erzfeindin von Freude und Genuss. Sie
verstellt den Blick für das Naheliegende
und behindert schließlich auch noch die
Gabe, die den schönen Namen „Staunen“
trägt“, so sagt es Tomas Sjödin,
schwedischer Schriftsteller und Pastor. Er
meint außerdem, man könne den Zustand
des eigenen Lebens am Verhältnis zu den
alltäglichen Beschäftigungen ablesen.
Schafft man es, die Vögel zu füttern, Kies
auf die Wege zu streuen, Feuer im Kamin
zu machen, nach dem Barometer zu
schauen und einen Brief zu beantworten,
dann ist das Tempo genau richtig.
Recht hat er! Die Sehnsucht nach Leben
ist in uns. Immer wieder gelingt es, sie
wegzudrücken. Doch oft meldet sie sich
gerade im Advent wieder. Da muss doch
mehr sein. Wohin führt der Weg? Leben,
Freude, Genuss, Staunen, Liebe und
manches mehr steht auf der Wunschliste.
Advent ist der Weg nach Bethlehem, zur
Krippe. Wirklich? Eigentlich schon.
Bekanntlich gibt es viele Wege nach Rom.
So gibt es auch viele Wege im Advent.
Sich bewusst aufmachen zur Krippe.
Das geschieht nicht automatisch.
Es ist eine Entscheidung. Auf welche
Straße man einbiegt geschieht auch nicht
automatisch. Sie wird ganz gezielt
ausgesucht. Einbiegen auf den Weg nach
Bethlehem. Mit unseren Wünschen,
Sehnsüchten, Fragen, unserer Unruhe.
Pause machen. Innehalten. Sich fragen,
warum bleibt oft diese unerfüllte
Sehnsucht, diese Unruhe im Herzen, trotz
des vielen Wollens, Schaffens und Tuns?
Besteht da nicht so ein beunruhigendes
Gefühl am Wesentlichen vorbei zu leben?
Dem sollte nachgespürt werden. Es könnte
eine Botschaft enthalten. „Hektik ist das
Glaubensbekenntnis des modernen
Heidentums. Gott gönnt uns Pausen. Wir
sollen nicht wesentlich mehr, sondern
mehr Wesentliches tun“, sagt Peter Hahne.
Mehr Wesentliches tun. Hektik macht das
Leben oberflächlich. Die Liebe kommt zu
kurz, zu mir selbst, dem anderen und zu
Gott. Liebe braucht Zeit. Und so kann
auch die lebensspendende Kraft und Liebe
von Gott her, den Menschen nicht mehr
wirklich erreichen. Doch gerade durch die
Geburt Jesu will er das. Gottes Liebe
kommt durch ein Kind in diese Welt.
Sich gezielt auf den Weg nach Bethlehem
zu begeben, ist eine wesentliche Sache.
Die Menschen sind auf dem Weg. Zu
Gott?! Gott ist auf dem Weg zum
Menschen! Die Wegkreuzung ist in
Bethlehem in der Krippe. Gott ist
angekommen. Auch der getriebene, nach
Leben hungernde Mensch darf ankommen!
„Bittet, so wird euch gegeben, sucht so
werdet ihr finden, klopft an, so wird euch
aufgetan“, so das Versprechen der Bibel.
Hildegund Lang - Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Nürtingen